September 1944: Bericht über die Bergung von Oberstleutnant Strohm

Am 24. 09.1944 etwa um 12:00 Uhr beobachtete der Tagesposten des I. Zuges der 2. Kompanie in einem ca. 450 Meter vor der eigenen Linie befindlichen Heuhaufen ein auffallendes Loch und darin nicht genau festzustellende Bewegung. Er alarmierte sofort den Scharfschützen der sich in seiner Nähe befand und dieser gab in der Meinung, es handle sich um einen russischen Beobachter 5 Schüsse ab. Daraufhin war in dem Loch Winken mit Hand und Heubüschel zu sehen. Der Posten alarmierte sofort den Zugführer, der genaueste Beobachtung und Schießverbot befahl. Im Laufe des Nachmittags wurde dann klar, dass sich dort ein Mann nicht in deutscher Uniform befand. Ich nahm daraufhin an, dass es sich um einen Überläufer handle.

Friedrich Strohm

Friedrich Strohm

Ich gab den Befehl, dass sofort mit einbrechender Dunkelheit ein Spähtrupp übersetzt mit dem Auftrag festzustellen, wer sich in dem Heuhaufen befindet und eventuelle Verwundete zu bergen. Der Spähtrupp unter Führung von Leutnant Frohwein erreichte ohne Feindberührung den Heuhaufen und stellte fest, dass dort ein Schwerverwundeter lag.

Es entwickelten sich kurze Fragen und Antworten zwischen Spähtrupp und Verwundeten, etwa folgendermaßen: „Wer bist du? Wo sind deine Kameraden?“ Antwort: „Ich bin allein.“ Frage: „Bist du deutscher Soldat?“t Antwort: „Ja, ich bin Deutscher!“ Frage: „Kommst du von drüben?“ Antwort und Gegenfrage: „Ja, seid ihr auch Deutsche?“ Antwort: „Ja, wir nehmen dich jetzt mit du kommst in ein Lazarett!“ Frage des Verwundeten: „Wohin?“ Antwort: „Ins Reich!“

Der Verwundete wurde auf eine mitgebrachte Zeltbahn gelegt. Da bat der Verwundete nach einem Säckchen zu suchen, dass er unbedingt braucht. Dieses wurde auch gefunden und mitgenommen. Während der kurzen Ruhepausen die eingelegt wurden fragten die Leute wer er sei. Er gab sich dann, nachdem er sicher war dass er Deutsche vor sich habe, zu erkennen und sagte er sei Oberstleutnant Strohm vom Grenadierregiment 470. Bei diesen Spähtrupp waren etliche Leute der alten Division die ihn dann sofort erkannten und nach verschiedenen Kommandeuren der Division fragten von Oberst Bracher wusste er nichts, von Oberst Friker sagte er, er wäre noch länger mit ihm zusammen gewesen aber eines Tages wurden sie voneinander versprengt. Von Generalleutnant Klammt hätte er ein Flugblatt gefunden wonach dieser gefangen genommen sei.

Er erzählte noch ziemlich lebendig und machte hier noch einen frischen Eindruck. Am Kanal angelangt, wurde er dann auf eine richtige Trage gelegt. Vom Sanitäter gefragt ob er starke Schmerzen habe sagte er: „Ja im Bauch!“ Er hätte insgesamt fünf Vermutungen durchgemacht unter anderem hätte er sich einen Unterschenkelsteckschuss  mit einem Taschenmesser selbst raus geschnitten und dabei fünf Tage in einer Scheune gelegen, ohne Essen. Er sei überhaupt schon ganz verhungert. Dann gab er an, den Bauchschuss schon drei Tage zu haben und heute wäre er noch durch zwei Streifschüsse von unserer Seite aus am Unterarm verwundet worden.

Das Grab von Oberst Strohm

Das Grab von Oberst Strohm

Über den Kanal angekommen wurde er zunächst an den Zuggefechtsstand von Leutnant Berger gebracht. Oberstleutnant Strohm erkannte sofort Leutnant Berger und gratulierte ihm zur Beförderung zum Leutnant (den dieser war damals noch Oberfähnrich). Kurze Zeit später kam ich selbst an die Stelle. Ich sagte nur einige Worte da hat mich Herr Oberstleutnant sofort trotz dunkler Nacht erkannt und zwar an der Stimme. Er machte auf mich einen sehr geschwächten Eindruck! Nur in ganz leiser, einem sehr schwer Verwundeten gleichenden Stimme sagte er: „Ach, mein lieber Schmidt!“

Truppenverbandplatz

Truppenverbandplatz

Ich fragte darauf: „Wie geht es Herr Oberstleutnant?“ Da gab er zur Antwort, ganz leise und langsam: „Ach, ganz gut!“ Ich merkte, dass ihn jedes Wort sehr große Kraft kostet und fragte ihn nicht weiter sondern brachte ihn tragend weiter in Richtung Bataillonsgefechtsstand. Er sprach dabei von selbst fast kein Wort und lag äußert teilnahmslos auf der Trage. Der Arzt den ich mit nahm hatte schon bedenklich Sorge. Auf halbem Wege zum Gefechtsstand lies Herr Oberstleutnant einmal anhalten. Er muss furchtbare Schmerzen gehabt haben, obwohl er kein Stöhnen von sich gab

Nach etwa zwei Minuten befahl er wieder: „Marsch es hat doch keinen Sinn die Schmerzen lassen nicht nach!“ Das waren die letzten Worte die er sprach. Kurz darauf waren wir am Gefechtsstand am Truppenverbandplatz angekommen. Wir stellten die Trage mit ihm auf den Tisch im Bunker um ihn zu verbinden, denn er trug sowohl an der Wunde am Unterleib als auch an den beiden Streifschüssen keinen Verband. Ich half dem Doktor verbinden und nahm die linke Hand von Herrn Oberstleutnant, da drehte er den Kopf zu mir schaute mich an. Hier war noch Leben in den Augen, doch es dauerte nur Sekunden noch, da wurde er immer blasser, sein Blick immer starrer und nach einigem Stöhnen erlosch jedes Leben in ihm.

gez. Schmidt

Dieser Bericht stammt aus der Personalakte von Friedrich Strohm, die sich in Militärarchiven in den USA befindet.

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