Juni 1944: Im Wirbel des wandernden Kessel

Mitte Juni 1944 kam das Feldpostamt 260 nach Orscha.

Das Quartier war in der Schule von Mogilew auf einer eingesehen Höhe. Am Sonntag 25. Juni 1944 kam um 15:30 Uhr ein Offizier und sagte man solle alles vorbereiten, um innerhalb von zwei Stunden abmarschbereit zu sein.

Wir sollten nur zu schnell erfahren wie notwendig diese Vorbereitung war, denn schon ab 16:30 Uhr fing der Russe an, sich auf diese Höhe einzuschießen. Um 18:30 Uhr war dann alles marschbereit, um sich in eine ruhige Gegend abzusetzen. Aber es sollte anders kommen, als wir es uns dachten. Die ganze Nacht fuhren wir durch und kamen gegen 04:00 Uhr morgens an einen Ort (Name unbekannt), wo wir etwas ausruhen konnten.

erschöpfte Soldaten bei einer Marschpause

erschöpfte Soldaten bei einer Marschpause

Hier ereichte uns um 05:30 Uhr ein Melder der Division mit dem Befehl, selbst einen Ausweg zu suchen, weil alle befahrbaren Straßen verstopft seien. Um 06:00 Uhr fuhren wir dann wieder los, je ein Mann vom Feldpostamt, Verpflegungsamt, Bäckerei, und Schlächterei-Kompanie und suchten eine Möglichkeit, aus der Umzingelung heraus zu kommen. Leider war es umsonst. Als wir um 12:15 Uhr nach Kochanow (25 Kilometer westlich von Orscha) kamen, war kurze Zeit später der Russe auch schon da! Wir mussten wieder zu unserer Einheit zurückfahren, bei denen inzwischen ein Abmarschbefehl auf 18:30 Uhr eingetroffen war.

Zur angegebenen Zeit setzten wir uns in Bewegung. Wie immer in solchen Situationen ging es nicht befehlsgemäß vor sich. Für die ersten 15 Kilometer brauchten wir die ganze Nacht und Tags darauf verloren wir drei von unseren fünf Fahrzeugen. Von da an ging es dann schnell rückwärts, jeder auf sich selbst gestellt. An Borrisow, Minsk, Molodetschno, Wilna vorbei, war in Lida wieder unser erster Aufenthalt. Hier konnten wir die noch mitgeführte Post am letzten Tage der noch Anwesenden „Deutsche Post Osten“ übergeben und unsere Fahrzeuge, an denen viele Federn gebrochen waren, wieder einigermaßen in Ordnung bringen.

Nachdem sich alles etwas beruhigt hatte, mussten wir leider feststellen, dass auch wir vom Feldpostamt in der Kesselschlacht hohe Verluste hatten. Von 23 Mann in Orscha waren bei uns am Sammelpunkt in Polen nur noch 10 Mann übrig geblieben, die der letzten Schlacht der Division entkommen waren.
Jakob Wiedenmann, ehem. Kraftwagenführer bei der Feldpost

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