Den ganzen Februar 1943 hindurch praktizierten wir im Infanterieregiment 470 und in der ganzen Division in unserer Ressa – Ugra Stellung in der wir fast ein ganzes Jahr in Verteidigung lagen, allerlei Kabinettstücke um unser nahes Lösen vom Feind bei der Büffelbewegung zu verschleiern.
So kam es auch das am 01. März eine ahnungslose anmarschierende russische Kolonne im Infanteriefeuer der 3. Kompanie des Grenadierregiments 470, Zug Lebherz aus nächster Entfernung vernichtet werden konnte.
In der Nacht zum 05. März 1943 musste Feldwebel Lebherz und ich mit unserem rechten Nachbarn Verbindung aufnehmen. Gegen 22:00 Uhr zogen wir los. Gegen Mitternacht erreichten wir nach langem Fahnden den gesuchten Kompaniegefechtsstand. Beim Nachbarn gab es kein durchgehendes Grabensystem. Außerdem war die Grabenbesetzung so eingeteilt, das ein Angriff der Russen dort wahrscheinlich dort einiges Unheil angerichtet hätte.
Schnell verging die Zeit; unsere letzten Tage in dieser Stellung rückten näher. Wir hatten noch einige Verwundete, meist durch Granatwerferbeschuss des Feindes, zu beklagen (Obergefreiter CH. Kohler, A. Müller, und noch andere).
Ab dem 05. März wurde sämtlicher unnützer Kram zum Tross befördert. In der Nacht vom 05. auf 06. wurden alle Bunker gesprengt. Alles was dem Gegner von Nutzen sein konnte wurde vernichtet. Am Samstag, den 06. März erfolgt die Einteilung für die bevorstehende Absetzbewegung. Für Major Strom der das I. Bataillon des Grenadierregiments 470 führte, musste Hauptmann Dr. Raff während des Loslösens vom Gegners in der Nacht vom 08. auf 09. März stellvertretend das Bataillon übernehmen.
Am 8. März, abends um 20:00 Uhr wurden zwei Züge aus der Stellung unserer 3.Kompanie herausgezogen und bis zum Bataillonsgefechtsstand zurückgenommen. Dort sammelte sich das I. Bataillon und setzte sich anschließend bis zum befohlenen Tagesziel ab. Wir von der 3. Kompanie folgten einige Stunden später als Nachhut. Während des Herauslösens der beiden Züge musste sich der Zug Lebherz auf den ganzen Kompanie Abschnitt verteilen. Punkt 22:00 Uhr sollte nach Befehl auch dieser Zug sich vom Feind lösen. Lautlose Stille herrschte im schwach besetzten Graben.
Plötzlich gegen 21:30 Uhr zischte eine rote Leuchtkugel am Himmel auf. Sofort war eine wilde Schießerei im Gange. Der Zugführer begab sich schleunigst dorthin. Aber es war blinder Alarm. Einem Posten hatten für kurze Augenblicke die Nerven versagt.
Befehlsgemäß löste sich um 22:00 Uhr auch dieser Zug vom Gegner und zog sich ebenfalls bis zum Bataillonsgefechtstand zurück, wo sich die 3. Kompanie sammelte. Unser Sammelraum an diesem Tag (Dienstag, 09. März) zu sichern musste jede Kompanie einen Zug abstellen. Unser Zug der Dritten hatte den rechten Flügel des Bataillons zugeteilt bekommen. Als bis 11:00 Uhr der Gegner weder vorgefühlt noch nach gestoßen war, erhielt der Zug Lebherz den Auftrag, mit drei Gruppen nochmals zur alten Stellung vorzugehen, um zu erkunden wie sich der Feind verhalte. Gegen 16:00 Uhr kam der Aufklärungstrupp wieder mit der Meldung zurück, das der verlassene Graben vorn noch feindfrei sei.
Darauf wurde eine Gruppe des Sicherungszuges als stehender Spähtrupp in etwa zwei Kilometer Entfernung rechts an einem Weg postiert, mit dem Befehl das Nachrücken des Feindes zu melden. Zwei weitere Gruppen wurden mit demselben Auftrag an der Rückmarschstraße aufgestellt. In den späten Mittagsstunden konnte vom Russen noch nichts beobachtet werden. Es wurde allgemein angenommen dass der Feind von unserer Bewegung noch nichts bemerkt habe, obwohl auf dem linken Flügel der Division starker Gefechtslärm zu hören war.
Hauptmann Raff und sein Kompanietrupp kontrollierten gegen 15:00 Uhr sämtliche aufgestellten Sicherungsposten. Vom rechten, stehenden Beobachtungstrupp fühlten wir noch ungefähr einen Kilometer bis zu einem Waldrand vor. Dort wurden wir plötzlich von der vordrängenden russischen Vorhut aus dem Inneren des Waldes lebhaft beschossen.
Also war die Lage klar: „Der Feind ist im Anmarsch!“ In den frühen Abendstunden wurde es in dem ganzen Bataillonsabschnitt lebendig. Mit drei Panzern und aufgesessener Infanterie stieß der Gegner gegen 17:00 Uhr auch links der Straße vor. Unsere Kameraden an der Pak eröffneten sofort das Feuer und konnten zwei T34 erledigen. Der dritte Panzer zog sich darauf in den nahen Wald zurück, während die russische Infanterie das Feuer mit der Bataillonssicherung aufnahm. Die Schießerei dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit.
Gegen 19:00 Uhr setzte sich der größte Teil des Bataillons weiter ab. Eine Stunde später löste sich auch die eingeteilte Nachhut kämpfend vom Gegner um dem vorausgegangenen I. Bataillon, Grenadierregiment 470 weiter zu folgen. Die zweite Absetzbewegung ging planmäßig und reibungslos von Statten.
Diese Vorgänge wiederholten sich von Tagesziel zu Tagesziel, bis die Büffelbewegung Ende März 1943 beendet war, und die 260.Infanteriedivision in den neuen Abschnitt wieder in Stellung gehen konnte, um hier dem Gegner über vier Monate sicheren Widerstand zu leisten.
Kurt Breuning