Hermann Julius Bracher wurde am 28. September 1895 in Ulm geboren. Der spätere Doktor der Agrarwissenschaften trat am 07.07.1913 als Fahnenjunker dem 3. (württembergischen) Infanterieregiment 121 in den Militärdienst ein.
Der erste Weltkrieg begann für ihn am 09. August 1914 als er an die Front befohlen wurde. Bereits wenige Tage später, nahm er an der Schlacht bei Longwy teil und wurde am 22. August bei Cosnes-et-Romain erstmals verwundet. Er kehrte am 09. Januar 1915 wieder an die Front zurück und besuchte vom 26. Mai bis zum 09. Juni 1915 einen Kompanieführerkurs im Hüttenlager Loje. Wieder bei der Truppe erlitt er am 21. Juli seine zweite Verwundung. Daraufhin wurde er nach seiner Genesung am 07. September 1915 zum Infanterie-Ersatzbataillon 121 versetzt. Im Oktober und November 1915 kämpfte er in Serbien und wurde am 21.07.1915 durch Artilleriefeuer schwer verwundet.
Nachdem er ab dem 22. September 1915 wieder Frontdienst leistete, wurde er am 18. Mai 1916 in den Urlaub befohlen. Kurz darauf, am 04. August 1916 erkrankte Hermann Bracher. Wieder gesund nahm er im August 1916 an der Somme-Schlacht teil. Hier erlitt er am 17. August bereits seine dritte Verwundung.
Im Januar und Februar des darauf folgenden Jahres erhielt er Urlaub um ab dem 24. März 1917 zum Führer der Sturm-Abteilung der 26. Infanteriedivision ernannt zu werden. Mit diesem Verband erlebte er die Flandernschlacht. Er kehrte am 04. September 1917 zu seinem Regiment zurück und übernahm am 12. September 1917 die Führung der 5. Kompanie.
Im Zeitraum 07. – 12. Januar 1918 wurde er zum 58. Lehrgang an die Heeresgasschule kommandiert, der in Berlin stattfand. Nach einer erneuten Beurlaubung wurde am 15. Mai 1918 zum Führer der 2. Maschinengewehr-Kompanie ernannt. Im Juli 1918 führte er stellvertretend das II. Bataillon, eher er am 02. November 1918 Führer des II. Bataillons wurde.
Nach Kriegsende wurde Hermann Bracher am 15. März 1919 aus dem Militärdienst entlassen.
Den Besuch der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin schloss er am 02. Mai 1927 mit der Note „Sehr Gut“ ab und ihm wurde die Doktorwürde der Agrarwissenschaften verliehen.
Als Oberstleutnant a.D. nahm Dr. Bracher an einer Auswahlübung bei der 6. Kompanie, Infanterieregiment 13 in Ludwigsburg teil und wird schließlich am 01. April 1937 wieder Soldat. In der Zeit zwischen dem 01. Mai und dem 31. Juli 1937 bestand er eine Probezeit als Ergänzungsoffizier und wurde im Anschluss in das Ergänzungs-Offizierskorps übernommen. Ab dem 02. November 1937 übernahm der den Posten des Chefs der 15. Ergänzungskompanie des Infanterieregimentes 35, später am 01. April 1938 wurde er Chef der 17. Kompanie.
Kurz vor Ausbruch des II. Weltkrieges, am 23. Januar 1939, wurde er Kompaniechef der 15. (Panzerabwehr-) Kompanie im Infanterieregiment 470 und somit zum ersten Mal Soldat der 260. Infanteriedivision. Am Tag der Mobilmachung, dem 26. August 1939, wurde er Chef der 14. Kompanie / Infanterieregiment 470 – ebenfalls eine Panzerabwehrkompanie.
Am 01. Januar wurde Hauptmann Bracher zum Major befördert. Während der Gefechte in Frankreich wurde er zum II. Bataillon des Infanterieregiments 470 versetzt und am 01. Februar 1940 zu dessen Kommandeur ernannt.
Nach dem Waffenstillstand in Frankreich wurde er am 01. Dezember 1940 zu den aktiven Truppen-Offizieren des Friedensstandes überführt. Während der Gefechte in Russland wurde er am 31. August 1941 verwundet. Gemäß einer Meldung vom 08. November 1941 des Infanterie-Ersatz-Bataillons 480, wurde er von dort zum Infanterieregiment 55 versetzt. Am 25. November 1941 kehrte er dann jedoch wieder zur 260. Infanteriedivision zurück und wurde dort zum Kommandeur des I. Bataillons des Infanterieregiments 480 ernannt und wurde damit auch unmittelbarer Vorgesetzter meines Großvaters Michael Korn.
Nachdem er Anfang des Jahres 1942 erneut knapp 3 Monate erkrankt war, wurde er am 20. März 1942 Kommandeur des Infanterieregiments 480. Am 22.04.1942 wurde diese Beauftragung jedoch aufgehoben und Bracher stattdessen mit Wirkung vom 01.04.1942 in die Führer-Reserve versetzt. Am 01. November erfolgt seine Beförderung zum Oberst.
Als Kommandeur des Grenadierregimentes 460, zu dem er am 10. April 1942 ernannt wurde, zeichnete sich Oberst Dr. Hermann Bracher in der zweiten Augusthälfte des Jahres 1943 bei den Abwehrkämpfen in der Ssnopot-Stellung durch bewährte Führung, Einsatzfreude und Standhaftigkeit aus.
Nach einem russischen Einbruch mit Infanterie und Panzern südwestlich Wjasma, in eben dieser Ssnopot-Stellung, am 08. August 1943 beim linken Nachbarn der 260. Infanteriedivision, entstand eine gefährliche Situation im Rücken des Infanterieregiments 460. Nachdem alle Funk- und Fernsprechverbindungen ausgefallen waren, entschloss sich Bracher mehrere Kompanien und weitere Kleinverbände aus der Hauptkampflinie abzuziehen und einen Gegenangriff einzuleiten.
Dieser Gegenangriff fügte dem Gegner schwere Verluste zu, schloss den Einbruch ab und meisterte so eine schwere Krise. Bracher wird für diesen persönlichen Einsatz zum Ritterkreuz eingereicht. Der Divisionskommandeur, Generalleutnant Hahm, unterstützte diesen Vorschlag, wobei er für den Tag der Tat den 17. August 1943 angab. Auch der Kommandierende General des XII. Armee-Korps, General von Tippelskirch, der Oberbefehlshaber der 4. Armee General Heinrici und der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte General von Kluge, unterstützten die Verleihung des Ritterkreuzes an Bracher. So erhielt er am 23. August 1943, als Oberst und Kommandeur des Grenadier-Regiments 460, das Ritterkreuz. Im Verleihungsvorschlag Nr. 2018 heißt es:
260. Infanteriedivision am 19. August 1943
Bei den Kämpfen südwestlich Wjasma am 08. August 1943 erzielte der Gegner mit Panzern und Infanteriekräften einen Einbruch bei der linken Nachbardivision, dessen Hauptstoß in die Flanke und in die rückwärtigen Stellungen des Regiments Bracher zielte.
Nach Ausfall aller Funk- und Fernsprechverbindungen zog Oberst Bracher aus eigenem Entschluss Kompanien und kleinere Verbände aus der Hauptkampflinie, setzte sie persönlich zum Gegenstoß an und fügte dem Gegner so schwere Verluste zu.
Nur der überragenden persönlichen Tapferkeit und Entschlussfreudigkeit dieses hochbewährten, bisher fünfmal verwundeten Regimentskommandeurs ist es zu verdanken, dass eine entscheidende Lücke in der Front der 260. Infanteriedivision wieder geschlossen und damit eine schwere Krise gemeistert werden konnte.
den 21.08.1943
Am 17. August 1943 griff der Gegner mit Panzern und Infanterie am rechten Flügel der Division an und erzielte einen Einbruch.
In schwerem feindlichem Feuer führte Oberst Bracher persönlich Reserven, trat zum Gegenangriff an, nahm eine verloren gegangene Ortsschaft und damit den beherrschenden Geländeteil der Divisionsfront wieder.
Bracher hat damit die aufs neue gespannte Lage vor der Front der 260. Infanteriedivision durch vorbildlichen persönlichen Einsatz gemeistert und dem Gegner die Möglichkeit genommen, aus dem beherrschenden Geländeabschnitt zu neuen Angriffen anzutreten.
Gez. Hahm, Generalleutnant und Divisionskommandeur
XII. Armeekorps
Befürwortet
Der kommandierende General
Gez. Von Tippelskirch
General der Infanterie
4. Armee
Ich befürworte den Vorschlag ebenfalls. Auch in den nachfolgenden Kämpfen hat sich der Vorgeschlagene weiterhin durch besondere Tapferkeit und Entschlusskraft ausgezeichnet.
Der Oberbefehlshaber
Gez. Heinrici
Generaloberst
Heeresgruppe Mitte
Der Vorschlag wird von mir befürwortet
Der Oberbefehlshaber
Gez. Von Kluge
Generalfeldmarschall
Am 03. März 1944 wurde er auch noch für die Verleihung des Eichenlaubs vorgeschlagen, was aber abgelehnt wurde.
Vom 21. April bis zum 10. Mai 1944 vertrat er den Kommandeur der 260. Infanteriedivision nachdem Generalleutnant Schlüter verwundet wurde.
Nachdem die Division beim Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte mehrfach eingekesselt wurde, bildete er nach dem Ausbruch aus dem Kessel bei Belaja-Lusha aus den Resten des Grenadierregiments 460 eine Kampfgruppe und drang mit etwa 500 Soldaten ziemlich geschlossen weit nach Westen vor.
Oberst Bracher wurde laut Meldung vom 02. Juli 1944 bei Shinkovtsy an der Beresina vermisst. Von versprengten Truppen wurde er angeblich am 05. Juli 1944 noch 60 Kilometer ostwärts Minsk lebend gesehen. Hermann Bracher geriet jedoch am 02. Juli 1944 in sowjetische Gefangenschaft. Er wurde zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er wurde in den Lagern Suzdal, Oranki, Workuta (einem Lager des Archipels GULAG) Woroschilograd, Krasnopol (rekonstruiert aus seinen Kriegspostkarten-Nummern) gefangen gehalten.
1953 befand er sich für kurze Zeit im Durchgangslager Friedland bevor er am 2. Januar 1954 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte.
Oberst Dr. Hermann Bracher ist am 29. Oktober 1974 in Tübingen verstorben.
Beförderungen:
- 24.09.1913 – Gefreiter
- 15.11.1913 – Unteroffizier
- 22.03.1914 – Fähnrich
- 07.08.1914 – Leutnant
- 22.03.1918 – Oberleutnant
- 23.10.1937 – Hauptmann
- 31.12.1939 – Major
- 17.12.1941 – Oberstleutnant
- 31.10.1942 – Oberst
Auszeichnungen:
Mein besonderer Dank gilt der Familie von Oberst Dr. Hermann Julius Bracher, für die Überlassung von wertvollen Dokumenten und Bildmaterial!