Im Frühsommer 1944 wurde der IV. Abteilung /Artillerieregiment 260 vier französische Beutegeschütze zugeführt.
Als Angehöriger der 11. Batterie wurde ich mit anderen Kameraden der Abteilung zu Bedienung dieser Geschütze abkommandiert. Auf dem Rückmarsch Ende Juni 1944, kurz vor dem Übergang über die Beresina tauchten plötzlich fünfzehn sowjetische Panzer vor uns auf.
Da wir keine französische Munition mehr besaßen, wäre es sinnlos gewesen, die Geschütze feuerbereit zu machen. Außerdem standen uns nicht einmal Maschinengewehre zur Verfügung, nur Karabiner mit denen wir gegen die Panzer nichts hätten ausrichten können. Wir versuchten deshalb, die Pferde auszuspannen und unter Zurücklassung der Geschütze den nächsten Wald zu erreichen.
Der Feuerzauber der Panzer war jedoch derart stark, das nach dem Erreichen des Waldes nur noch mein ebenfalls von der elften Kompanie abgestellter Kamerad Hans Franke aus Zwickau bei mir war. Außer einigen herrenlosen Pferden war sonst nichts mehr zu sehen. Wir schnappten uns Pferde saßen auf und ritten in den Wald hinein. In der Nähe einer Rollbahn stießen wir endlich wieder auf deutsche Soldaten, denen wir uns anschlossen. Nach Abgabe der Pferde ging es zunächst mit LKW weiter zurück. Doch schließlich blieb nur noch der Fußmarsch, da unser Wagen auf eine Mine gefahren war.
Während des Marsches tauchte plötzlich ein Oberst mit Ritterkreuz auf: Ein Weitermarsch sei unmöglich, weil die Wälder vor uns mit Partisanen besetzt seien. Er empfahl einen Umweg über ein wenige Kilometer entferntes Dorf. In dessen Nähe wurden wir an einem sumpfigen Bach plötzlich aus den Roggenfeldern heraus mit MG und Karabiner beschossen.
Hans und ich wateten gerade durch den Bach, als das Feuer einsetzte. Ich suchte Deckung und es gelang mir, zu entkommen. Von Hans und den anderen Landsern habe ich nie mehr etwas gesehen oder gehört. Später erfuhr ich das der Oberst ein gut deutsch sprechender Russe oder ein Überläufer gewesen sei: Auch andere Gruppen waren in das Partisanennest gelockt und teilweise vernichtet worden.
Nach tagelangen, mühsamen und entbehrungsreichen Märschen erreichte ich die deutsche Linie. Im August landete ich dann bei einer neu aufgestellten Batterie auf dem Heuberg, die bald nach Litauen verladen wurde. Von dort ging es in Etappen zurück nach Ostpreußen, wo wir in den harten Kämpfen abermals unsere Geschütze verloren. In den ersten Maitagen 1945 gelang es mir schließlich, auf der Halbinsel Hela ein Schiff die Sachsenwald zu erwischen, auf dem ich zusammen mit tausenden von Flüchtlingen und Soldaten nach Kopenhagen gelangte. Nach einigen Monaten in Englischer Gefangenschaft in Schleswig-Holstein wurde ich im September in meine Schwäbische Heimat entlassen.
Hermann Pfarr