Wie war das noch im Frankreich-Feldzug beim Vormarsch? Wir hatten für unsere Feldküche Wasser, Gemüse, Kartoffeln und Fleisch.
Es ist uns bei der Verpflegung nicht schlecht gegangen. Aber wenn unsere Landser zwischen den sehr anstrengenden Verfolgungsmärschen, die viel Schweiß und Blasen an den Füßen kosteten, selten einen oder gar zwei Tage rasten konnten, so drängten sie keineswegs zu den aufgefahrenen Feldküchen. Viele hatten schnell heraus, dass man für wenig Geld ein gebratenes Huhn oder eine Flasche Wein selbst kaufen konnte.
Was sollten wir von der Feldküche unserer 1. / Artillerieabteilung 260 aber nun mit dem reichlich übriggebliebenen, wirklich schmackhaften Eintopfessen machen? Etwa in ein Granatloch schütten? Oh nein, eine solche Vergeudung brachten wir beileibe nicht übers Herz. Aber kunstgerecht aufbewahren konnten wir das nahrhaft Gekochte im Kessel doch auch nicht. Aber da war ja mitten unter uns die französische Zivilbevölkerung, die in jenen stürmischen Wochen vielfach auf der Flucht bittere Not litt. Was lag da näher als unseren vollen Feldkessel an sie zu verschenken? Es brauchte kein lautes Austrompeten, so eilten schon die Kinder und selbst Erwachsene mit allerlei Art von Töpfen herbei, die wir ihnen randvoll füllten. So hatten wir außer ihrem Dank noch die Genugtuung diese bedauernswerten Menschen auf unsere Art unterstützt zu haben.
Bald aber war es dann vorbei mit dieser Möglichkeit der Menschlichkeit auch im Krieg einen besonderen Platz einzuräumen. Schon im folgenden Jahr gab es auch für die Feldküchen kein ruhiges „Hinter der Front“ mehr.
Mitte August 1941 bildete die 260. Infanteriedivision mit den beiden Nachbardivisionen nach kühnem Vorstoß über den Dnjepr ostwärts einen Brückenkopf. Sie hatte dort die aus der drohenden Umklammerung wild ausbrechenden russischen motorisierten und berittenen Einheiten und Fußvolk abzuwehren, so in der Hauptsache am 16. August bei Sababje durch unser Infanterieregiment 460.
Am 17. August wurden insbesondere die Trosse der Division in Schtschitny bedrängt. Hier hatte Major Dr. Fronmüller, seinerzeit Stabsoffizier für Marschüberwachung mit den Versorgungsdiensten der Division eine wirkungsvolle Rundumverteidigung aufgebaut, die die verzweifelten russischen Angriffe bei ihren Durchbruchsversuchen mal westlich, mal nördlich und ostwärts des Ortes aufhalten konnte.
Schlimm erging es dem Verpflegungstross unserer Aufklärungsabteilung, der am selben Tag auf dem Marsch im Wald zwischen Guta (in dessen Nähe der Divisionsgefechtsstand lag) und Schtschitny gegen 15:30 von sowjetischen Kräften überfallen wurde. Dabei wurden die Feldküchen gänzlich geplündert.
Dieser Kolonne unseres Verpflegungstrosses folgten zum Glück in einigem Abstand noch zwei ebenfalls dazu gehörenden LKW unserer 1. Schwadron. Auf dem vorderen saß auch ich.
Ehe wir in diesen gefährlichen Wald kamen, sagte mir mein „Riecher“ das es dort nicht geheuer war, zumal wir auch bald an einem vernichteten deutschen Fahrzeug und einem halb verbrannten Waffenrock vorbei fuhren. Ich machte unseren Fahrer darauf aufmerksam. Es dauerte nicht lange und schon erhielten wir aus dem nahen Wald ungezieltes Feuer. Gleichzeitig erkannte ich auf dem Weg vor uns die Rauchwolke eines brennenden Fahrzeuges: „Halt!“ brüllte ich, „heraus aus dem Wagen, wir bekommen Feuer!“
Dummerweise saß ich just auf der Seite ab, der gegenüber aus dem nahen Wald nun 30 russische Soldaten traten. Ob mein fragwürdiger Aufzug in schwarzem Hemd und Drillichhose eine gute Tarnung darstellte? Wahrscheinlich aber war es mehr der Straßengraben in den ich eiligst sprang, meine erste Rettung. In diesem fiel ich ein Stück rückwärts hin, dann krachte es schon heftiger. So schnell hatte ich damals in Russland noch kein Fahrzeug wenden sehen, wie damals auf dem Sandweg die beiden kehrt machten. Glücklicherweise konnte ich noch auf den zweiten Wagen springen und mich festhalten um so dem Debakel zu entkommen.
Erst als wir einen anderen Weg nach Schtschitny gefunden hatten, gönnten wir uns eine Verschnaufpause. Eigene Kavallerie die uns begegnete erzählte uns, dass sich auch gegnerische Kosaken durch die Wälder schlugen. In allen „Ecken“ war an diesem Tag „dicke Luft“ durch die zurückweichenden sowjetischen Verbände. Am späten Nachmittag des 17. August trafen wir dann endlich den Tross unserer Artillerieabteilung in Schtschitny. Ein starker Spähtrupp hatte andern Tags auch unsere vermissten Feldküchen wieder gefunden, allerdings völlig ausgeplündert, aber ansonsten noch intakt. Alle freuten sich das im Ganzen alles glimpflich verlaufen war. Wir erfuhren auch von den Erfolgen unserer Division, die in den letzten drei Tagen etliche Tausend Gefangene und eine Menge Geschütze erbeutet hatte.
R. Kiefer