Am 22. Mai 1940 waren wir am Oberrhein aufgebrochen und rollten über die Stuttgarter Autobahn in Richtung Limburg an der Lahn wo wir eine Pause einlegten.Im Morgennebel passierten wir die Festung Ehrenbreitstein, fuhren am Deutschen Eck vorüber, überschritten den Rhein und gelangten bei der Nürburg in die Berge der Eifel. In Bitburg erkundete ich das letzte Mal auf deutschem Boden Quartier, ein Waldlager.
Am Nachmittag des 24. Mai erreichten wir dann das Ardennenstädtchen Clerf (Clervaux), von Bergen umgeben und eng eingeschlossen in einem Talkessel. Auf einem Bergrücken, ins Tal vorgeschoben, stand nahe einer Klosterkirche auf felsigem Grund eine weiträumige, mit Toren und Türmen bewehrte Burg, die den kleinen Ort beherrschend überragte. Direkt darunter fanden wir an einer Durchgangsstraße einen freien Platz auf dem unsere Fahrzeuge geparkt werden konnten. Bald wurde das während des Marsches gekochte Essen, Bohnen mit Fleischeinlage, ausgegeben. Feinschmecker versorgten sich zusätzlich mit französischem Weißbrot in Stangenform. Auch Wurst und guter Wein waren sehr billig.
Die Quartiermöglichkeiten in den umliegenden Häusern waren allerdings nicht ausreichend. So ging ich über eine schmale Treppe hinauf zur Burg, wo mich der Burgherr freundlich empfing und uns den Rittersaal als Unterkunft anbot. Dort konnte unser ganzer Zug geschlossen untergebracht werden. An der hohen Eichentür befand sich noch die Aufschrift eines Quartiermachers aus dem ersten Weltkrieg, nämlich die des Füsilierregimentes „Königin Victoria von Schweden“ (Pommersches) Nr.34. Auf Bitte des Burgherrn schrieb ich darunter: „Werkstattkompanie 260 / I. Zug“
Von ihm erfuhr ich auch, dass er der Regierung angehörte und Kommandeur der hundert Mann starken luxemburgischen Polizei war. Nach Einweisung in unser Quartier und Aufstellung der notwendigen Wachen konnten sich die Kameraden dann unten bei den Fahrzeugen aufhalten. An uns vorüber rollten und marschierten die Kolonnen unserer Division. Immer wieder entdeckte jemand einen Landsmann. Zurufe wechselten hin und her.
Plötzlich kam ein Mann heran gekeucht, der Müller von Clerf, wie sich herausstellte. Er bat uns händeringend: „Soldaten, helft mir, meine Mühle brennt!“
Zu dritt holten wir aus dem nahe gelegenen Feuerwehrgerätehaus eine Motorspritze, hängten sie an ein vorbeikommendes Luftwaffenfahrzeug und rollten rasch hinaus zu der außerhalb des Ortes gelegenen Mühle. Dort brannte in der Garage ein schon teilweise beladener Lastwagen und auch aus den Fenstern der Mühle und des Wohnhauses schlugen bereits die Flammen.
Schnell hatten wir den Schlauch in den Mühlbach gelegt, doch der Motor der Spritze wollte nicht anspringen. Diesem Schaden half aber unser Kraftfahrzeugmeister, Benedikt Kessler aus Mengen, sehr schnell ab. Josef Halder, ein Schmiedemeister aus Reichenbach und zu Hause als bewährter Pumpenmeister bekannt ging mit dem Strahlrohr gegen das Feuer vor. Nach einer halben Stunde war das Feuer gelöscht. Der Lastwagen mit samt seiner Ladung war zwar zerstört, außer etwas Wasserschaden und einigen zersprungenen Fensterscheiben waren Mühle und Wohnung aber unversehrt. Nun kamen in gemütlichem Schritt zwei Stadtpolizisten heran, denen wir melden konnten: „Brand durch deutsche Wehrmacht gelöscht.“ Wenig später traf auch unser Zugführer, Leutnant Mauch aus Pfullendorf, ein und sprach uns seine Anerkennung aus.
Karl Loch