Februar 1942: Die Trosse der 260.ID im Abwehrkampf

Blick über die Ressa im Jahr 2006

Blick über die Ressa im Jahr 2006

Es war gegen Ende 1942 als die 260 ID. ihre 16. Widerstandsstellungen beiderseits Kolychmanowo ostwärts Juchnow verteidigte um Zeit zu gewinnen, für die 17. und letzte Verteidigungsstellung der Winterschlacht im Osten, die beiderseits Reljaki an der Rollbahn Juchnow – MedynMoskau und der Ressa und Ugra erkundetet und ausgebaut werden sollten.

Hauptmann Dr. Schulz hatte Anfang Januar den Auftrag bekommen, mit den Trossen der Division den Unterkunftsraum Sherdowka – Iwanzewa – Aleksandrowka – Gorbatschi – Mitkowo und Lushki zu beziehen und ihn gegen die im Rücken des XIII. Armeekorps befindlichen feindlichen Kräftegruppen zu sichern. Oberleutnant Graf, der als Spähtruppführer in den Wochen zuvor diesen Raum erkundeten sollte, kehrte nicht mehr zurück. Er wurde zusammen mit seinen 5 gefallenen Spähtruppkameraden am Nordeingang von Kostenki im Januar 1942 gefunden und von seinen Kameraden zur letzten Ruhe gebettet.

Mitte Januar 1942 bezog der Gefechtstross den befohlenen Raum. Durch geschickt angesetzte und durchgeführte Spähtrupptätigkeit, so heißt es in einem Gefechtsbericht des XIII. Armeekorps, blieb die Trossgruppe in ständiger Fühlung mit dem Gegner. Diese Spähtrupptätigkeit war nicht einfach und kostete viele Opfer, aber sie hat auch vielen das Leben gerettet.

Die Ressa bei Reljaki

Die Ressa bei Reljaki

„Na dann Hals- und Beinbruch!“ sagt Hauptmann Dr. Schulze scherzhaft zu einem Leutnant des Artillerieregimentes 260, der sich auf seinen Skiern die weise Tarnjacke überzieht und schüttelt ihm die Hand. Der Leutnant lacht, bindet sich die Kapuze fest und ruft: „Wird schon klappen!“ Mit seinen Ski- Stöcken stößt er sich ab, den weisen glitzernden Hang hinunter, dessen Schneekristalle in dem warmen Sonnenlicht des Februar Tages millionenfach funkeln. Hinter ihm folgt sein Spähtrupp, die Schneehemden bauschen sich im Wind. Bald hat der unermessliche Wald, der 300 Meter weiter den Blick begrenzt, den Spähtrupp aufgenommen. Fort sind sie, die Freiwilligen, als gelte es einen Ski – Ausflug zu machen. In Wirklichkeit fahren sie in ein gefährliches Unternehmen. Auch dieser Leutnant kam nicht wieder. Er wurde das Opfer feindlicher Partisanen, die überall aus dem Hinterhalt den Feldküchenfahrern und Spähtrupps das Leben sauer machten.

Die Trosse der 260. Infanteriedivision, die in den oben genannten Ortschaften Unterkunft bezogen hatten, konnten nachts kaum mehr schlafen. Sie mussten sich gegen feindliche Überfälle und Spähtrupps sichern, wie an der Front. Mit Waffen waren sie nur kümmerlich ausgestattet. Es fehlte an Maschinengewehren und vor allem an Munition. Meist waren es Beutewaffen, die die Waffenmeister instand gesetzt hatten. Nachts brummten geheimnisvolle Flugzeuge über ihre Ortschaften hinweg und gaben verdächtige Blinkzeichen. Einige Spähtrupps stellten fest, dass der Russe bei Nacht Luftlandetruppen absetzte indem er sie nur wenige Meter über den Schneeboden fliegend ohne Fallschirme einfach in den 1 m hohen Schnee abwarf.

Spähtrupp im Schneesturm

Spähtrupp im Schneesturm

Ruhe gibt es für die Trosse keine mehr. Oft müssen die Wachposten in ihren Schneestellungen ihre Kameraden alarmieren, um feindliche Spähtrupps abzuwehren. Die Soldaten unserer Trosse hätten die Ruhe nach den langen anstrengenden Monaten des Vor- und des Rückmarsches seit dem 22. Juni 1941 endlich verdient. Aber es sollte noch schlimmer kommen.

Die Nachricht von feindlichen Luftlandetruppen, die seit Tagen den Trossraum unsicher machen, ist leider nicht in das Reich der „Parolen“ zu verweisen. Selbst die Generalstabsoffiziere und die Lagebearbeiter in den Stäben wissen nicht mehr, welche Ortschaft von eigenen Truppen oder vom Feind im Rücken besetzt ist.

Wie aus später erbeuteten Karten und Feindbefehle ersichtlich wurde, ist im Februar 1942 im Rücken des XIII. Armeekorps das IV. russische Luftlandekorps mit

•    einer Artillerieabteilung, bewaffnet mit einer 4,5cm Pak, acht 8,2 cm Granatwerfern, 6 Panzerbüchsen
•    einer Aufklärungskompanie mit 130 Mann
•    1 Granatwerferkompanie
•    1 Nachrichtenkompanie mit ca. 35 Mann
•    1 Flugabwehrkompanie mit Vierlings-MG

gelandet.

Westlich von unseren Gefechtstrossen landete die 214. Luftlandebrigade mit ihrem Kommandeur Kolobownikow, dem Chef des Stabes und Kommissar Gawrisch. Diese Luftlandebrigade setzte sich wie folgt zusammen:

•    4 Schützenbataillone zu je zwei Schützenkompanien mit je 166 Mann (pro Kompanie 9 Leichte MG und 6 Panzerabwehrbüchsen)
•    1 Granatwerferkompanie (8,2 cm)
•    1 Nachrichtenzug
•    1 Leichter Maschinengewehrzug,
•    1 Flammenwerfer-Zug,
•    1 Spreng-Zug,
•    1 Aufklärungszug

Jeder Mann führte 260 Schuss Gewehrmunition, 2 Handgranaten, und ein Paket Sprengstoff mit sich. Insgesamt stehen unseren Trossen ca. 1500 Mann gegenüber, die durch Rekrutierung und Ausbildung von Partisanen noch verstärkt werden.

Gefechtsbericht des XIII. Armeekorps an Armeekommando 4 über den Einsatz der Trosse der 260. ID. (Auszug):

Vom 24. Februar bis 26. Februar 1942 war die Trossgruppe der 260. Infanteriedivision Angriffen an Zahl und Bewaffnung weit überlegenen Gegners ausgesetzt, deren Gelingen eine ernsthafte Bedrohung für die rückwärtigen Teile der in der Ostfront eingesetzten Korps bedeutet hätte. Sie hatte in diesen Tagen mit etwa 400 Mann, bewaffnet mit wenigen MG, teilweise Beute-MG einigen Beutegranatwerfern und einer Beute Pak, bei nur geringen eigenen Verlusten, die hartnäckigen Angriffe von 3 vollen Bataillonen (etwa 1200 Mann) der 214. russischen Luftlandebrigade abgeschlagen und neben etwa 250 Toten, 20 Gefangenen, folgende Beute gemacht:

•    22 Leichte MG,
•    16 Leichte Granatwerfer,
•    10 Maschinenpistolen,
•    90 Gewehre,
•    23 automatischen Gewehre,
•    162 Handgranaten,
•    233 Wurfgranaten,
•    20 geballte Ladungen,
•    80 Sprengkapseln,
•    50 Kg Sprengstoff,
•    76 Paar Skier,
•    2 Panzerbüchsen,
•    1 Leuchtpistole,
•    2 Zielfernrohre und Infanteriemunition

Der Verlauf der Kämpfe war folgender:
Am 24. Februar 1942 griff der Gegner um 02:15 Uhr beginnend von Nord und Südwesten Sherdowka, das durch die Trosse Infanterieregiment 470 besetzt war an. Das Waldstück südostwärts wurde vom Feind besetzt und damit die Verbindung zwischen Sherdowka und Kostinki (besetzt durch den Tross des I. Bataillons des Infanterieregiment 470, Stabskompanie und die 13. Kompanie) unterbrochen. Gleichzeitig griff der Gegner in Stärke von 200 Mann Iwanzewa (besetzt durch Tross Infanterieregiment 480) an.

Abwehr eines feindlichen Stosstrupps

Abwehr eines feindlichen Stoßtrupps

Der Angriff, der bis in die Nachmittagsstunden des 24. Februar andauerte, wurde abgewiesen, die Verbindung zwischen Sherdowka und Kostinki durch ein Stoßtruppunternehmen von Kostinki aus wiederhergestellt. Der Kampf der Besatzung von Sherdowka wurde bemerkenswerterweise durch die bei den Trossen eingestellten russischen Kriegsgefangenen (Hiwis) unterstützt, die von sich aus, sich mit erbeuteten Waffen bewaffneten und sich an der Abwehr mitbeteiligten.

Die Feindberührung hielt während des Tages an, am Abend beschoss der Gegner Iwanzewa mit Granatwerfern.
Am 25. Februar stieß der Gegner erneut um 02:00 Uhr von Nordwesten und um 03:00 Uhr von Süden auf Iwanzewa vor. Die Vorstöße wurden abgewiesen. Auch am 25. Februar während des ganzen Tages Feindberührung bei Sherdowka und Iwanzewa und Granatwerfer- und MG-Feuer auf die beiden Orte. Am 26. Februar fühlte der Gegner nur noch mit einem Spähtrupp auf Sherdowka vor.

Wie aus einer erbeuteten Karte und Befehlen hervorgeht, hatte der Gegner die Absicht, die Orte Sherdowka, Iwanzewa, und Potsosonki zu nehmen, um damit die Voraussetzung für ein weiteres Vorgehen in Richtung auf die Rollbahn zu schaffen. Das dies nicht gelang, sondern der Gegner sich dabei noch erhebliche Verluste holen musste, ist neben der umsichtigen Führung von Hauptmann Schulze, dem tapferen Verhalten der Ortsbesatzung von Sherdowka und Iwanzewa unter ihren Führer, Hauptfeldwebel Stehle, Infanterieregiment 470 zu danken, die damit der Führung eine ernste Sorge genommen und das für die weitere Kampfführung wichtige Gelände erhalten haben.

Kriegsberichterstatter Werner Tamms beschrieb in einem Artikel über die württembergischen Trosse im Abwehrkampf mit den Sowjets in der „Ludwigsburger Zeitung“ vom 04. April 1942 den Überfall auf Sherdowka etwa folgendermaßen:

„Das Dorf Sherdowka im Mittelabschnitt der Ostfront ist ein genau so unscheinbares langweiliges verlorenes Nest wie alle Dörfer im so genannten Paradies der Werktätigen. Vor seinen niedrigen Katen schauen bei Tag Kinder der Sowjets aus großen erstaunten Augen dem Freund nach, der im Schlitten durch das unwegsame Land fährt. Ortskommandant ist Hauptfeldwebel Stehle ein Feldwebel vom III. Bataillon des IR 470, das in Tübingen aufgestellt wurde. Er ist Württemberger, wie die meisten seiner Soldaten die den 1. Weltkrieg schon mitgemacht haben und schon damals das Eiserne Kreuz II. Klasse verdient hat. Im Ostfeldzug holte er sich die Spange dazu und vor wenigen Tagen empfing er nach dem Überfall auf Sherdowka aus der Hand des Trossführers, Hauptmann Dr. Schulze das EK I.“

Hauptfeldwebel Stehle ist ein umsichtiger besonnener Mann, der für seine Soldaten die ihm anvertraut sind, sorgt. Er weiß, dass er sich wenn es darauf ankommt, auf jeden einzelnen verlassen kann. Vor allem baut er auf seinen Hauptfeldwebel Braun vom II. Bataillon des Infanterieregiments 470 aus Ludwigsburg, einen jungen schneidigen Soldaten, der seit dem Überfall auf Sherdowka ebenfalls das EK I trägt, aber später im Osten gefallen ist. Er war die Seele des nächtlichen Abwehrkampfes gegen den russischen Angriff.

Drahtverhau in der Ressa-Ugra-Stellung

Drahtverhau in der Ressa-Ugra-Stellung

Es war der 23. Februar, ein Abend wie jeder andere. Die Posten standen auf ihren Plätzen hinter der hellen Mauer die sich um das Dorf zieht, und am Dorfeingang dicht bei der Brücke, einen kleinen Steinwurf weit von den ersten Bäumen des Waldes, lugte der MG Schütze in den versinkenden Tag. In den Hütten kosteten die Soldaten das neue Fabrikat der Feldküche, wie in den Tagen des Vormarsches als der Nachschub noch ungestört klappte.

Etwa drei Stunden später, als die Dunkelheit völlig hereingebrochen war, wurde dem Ortskommandanten gemeldet, dass man aus dem benachbarten Dorf Iwanzewa Leuchtkugeln habe aufsteigen sehen. Das war die mit den dort liegenden Kameraden verabredete Botschaft für den Fall erhöhter Gefahr. Der Russe war also im Anmarsch, wie man es schon lange erwartet hatte. Ruhig und besonnen gaben die Ortskommandanten von Sherdowka, Kostinki (Stabsfeldwebel Faiss, Führer der Radfahrerkompanie 470) und Iwanzewa ihre Befehle. Alles eilt so rasch wie möglich nach der erfolgten Alarmierung auf die befohlenen Plätze. Das Dorf Sherdowka war in wenigen Minuten so etwas wie eine kleine Festung.

Hauptfeldwebel Braun postiert sich mit seinem MG in unmittelbarer Nähe der Brücke am Ortseingang. Die Leuchtkugeln hatten nicht umsonst gewarnt! Wenige Minuten später knackte es im Unterholz des nahen Waldes. „Verflucht, wenn nur der Mond scheinen wollte!“ knurrte der Brückenwächter leise vor sich hin. Er hatte kaum ausgeknurrt, als sich aus dem Wald eine starke Gruppe löste und mit dem genugsam bekannten  Geschrei auf die Brücke losstürmten.

Die erste Feuergarbe rauschte in die Nacht, sie verfehlte trotz der schlechten Sicht ihr Ziel nicht. Die gegnerische Gruppe hatte sich merklich gelichtet. Aber einem Rest von etwa 15 Mann gelang es, sich im toten Winkel in der Nähe des Brückengeländers festzusetzen. „Ausräuchern“ schrie der Hauptfeldwebel in die Nacht und war schon mit einer wurfbereiten Handgranate vor gekrochen. Fast gleichzeitig kam eine zweite Feindgruppe aus dem Wald, um das Dorf in der Flanke zu fassen. Aber da stand der Stabsfeldwebel Stehle und kommandierte das Abwehrfeuer. Nicht ein Feind kam durch.

Währenddessen krochen Hauptfeldwebel Braun wie eine Katze das vereiste Wegstück zur Brücke hoch. Ein Glück, dass ihn keine Russenkugel erwischte, die ihm aus dem Versteck des feindlichen Stoßtrupps entgegen zischte. Nur eine ritze ihm leicht das rechte Ohr, wie er erst später bemerkte. Die Handgranate saust in das Versteck, aber sie schafft es nicht ganz. „Munition“ schrie Braun hinter sich, denn drei dunkle Gestalten schoben sich schon heran.

Einer seiner Grenadiere reagiert blitzschnell auf den Zuruf und wirft ihm zwei gefüllte Magazine Pistolenmunition zu. Die reichten, um den Rest zu erledigen. Dann sprang Braun auf und rannte zu der halb verfallenen Scheune einige Schritte gegenüber der Brücke, wo den Kameraden bereits die Läufe der Waffen heiß wurden. Denn aus dem Wald stürmte eine dritte Gruppe Russen gegen das Dorf. Und da schoss ein Mann tatsächlich aus allen verfügbaren Rohren. Maschinenpistolen, Gewehr, Pistolen wurden dem Hauptfeldwebel nacheinander von hinten gereicht. Das langte! Die Überlebenden russischen Soldaten zogen sich in den schützenden Wald zurück. Der Rest der Nacht zum 24. Februar verlief ruhig.

Als man am nächsten Morgen das Gelände von Sherdowka absuchte, bedeckten rund hundert Sowjetsoldaten vom I. Bataillon der 214. Luftlandebrigade – darunter vier Offiziere und ein Kommissar – als Leichen das weiße Feld. Beim Absuchen des Geländes stieß ein württembergischer Gefreiter vom Infanterieregiment 470 einem im Schnee liegenden Russen mit der Stiefelspitze an die Filzsohle. Der vermeintliche Tote drehte sich um und begrüßte den verdutzten Deutschen mit „Niet panimaju“ (ich verstehe nicht).

Der „Tote“ wurde untersucht und schnell geborgen. Er hatte seine Rolle nicht gut genug einstudiert und war darüber im Schnee eingeschlafen. Bei den Offizieren wurden Karten und Angriffsbefehle auf Sherdowka und Iwanzewa erbeutet. Die Zählung der Beutewaffen ergab:

•    13 leichte Maschinengewehre
•    7 Granatwerfer,
•    10 Maschinenpistolen,
•    90 Gewehre,
•    zwei Panzerbüchsen,
•    Munition und
•    67 Paar Skier

die die Soldaten der Trosse für ihre Spähtruppunternehmen gut gebrauchen konnten, denn die Ausstattung mit Skiern und Winterausrüstung war immer noch kümmerlich.

Die drei erbeuteten Befehle der 214. Luftlandebrigade vom 22. und 23 Februar gaben den Ortskommandanten und Führern der Gefechtstrosse später einen Überblick über die Gefährlichkeit ihrer Lage. Aus dem Gefechtsbefehl Nr. 1 vom 22. Februar 12:00 Uhr geht hervor, dass der Russe die Ortsbesatzungen auf durchschnittlich 30 – 50 Mann schätzte.

Die 214. Luftlandebrigade hatte den Auftrag in der Nacht von 22. auf den 23. Februar die Orte Tatjanino, Aleksandrowka, Iwanzewa, Potsosonki und Kostinki zu besetzen und dann nach Südosten Richtung Leonowa vor zu marschieren. In Ziffer 11 des Angriffsbefehls heißt es wörtlich: „Die Ortschaften sind erst nach sorgfältiger Aufklärung ein zu nehmen und gegnerische Besatzung mittels Bajonett und Handgranaten zu vernichten.“

Angriffsbeginn war auf 20:00 Uhr festgesetzt. Der Brigadegefechtsstand am 22. Februar ab 22:00 Uhr südlich Punkt 203,7. Am selben Tage, nachmittags 15:10 Uhr, erließ der Brigadekommandeur Kolobownikow einen zweiten Befehl, der den Angriff auf den 23. Februar um dieselbe Angriffszeit verschob. Die Bataillonskommandeure sollten Waffen, Munition und Soldaten auf dem Landungsplatz und im Absprungraum sammeln und den Vormarschweg ihrer Einheit aufklären.

Der dritte erbeutete Gefechtsbefehl hatte in gekürzter Form folgenden Wortlaut:
Gefechtsbefehl Nr.1 Wegkreuzung südlich Höhe 203,7 am 23.02.1942, 17:00 Uhr
1.    Unter dem Druck unserer Truppen geht der Gegner nach Westen zurück und unternimmt an einzelnen Frontabschnitten Gegenangriffe. Vor der Brigade leistet er Widerstand bei Iwanzewa, Potsosonki und Sherdowka. Die feindliche Luftwaffe führt rege Aufklärungstätigkeiten im Raume der Brigade durch.
2.    Von rechts greift die 9. Luftlandebrigade in Richtung Tipowka an, links ist niemand.
3.    Die Brigade geht am 23.2.1942 um 20:30 Uhr in Richtung Sherdowka – Podsosonki zum Angriff über und hat die Aufgabe, die feindlichen Besatzungen in Iwanzewa, Potsosonki, Kostinki, Sherdowka und Leonowa zu vernichten.
4.    III. Bataillon im Wäldchen 1,5 Km ostwärts Petrischewa folgt dem IV. Bataillon nachdem diese Iwanzewa eingenommen hat und marschiert über Tatjanino an den Südwestrand von Leonowa.
5.    IV. Bataillon in Ausgangsstellung am ostwärts Waldrand 1,5 Km westlich von Iwanzewa, besetzt Iwanzewa und unterstützt II. Bataillon beim Angriff auf Podosonki von Südwesten her.
6.    II. Bataillon in Ausgangsstellung am Ostrand des Waldes 2 Km westlich Kostinki. Auftrag: Angriff auf Kostinki und nach dessen Einnahme Vormarsch auf Podosonki.
7.    I. Bataillon Ausgangsstellung für den Angriff, Wald 1,5 Km ostwärts Trofimowo, Auftrag: Einnahme von Sherdowka, dann mit Sicherung nach links dem II. Bataillon folgen.
8.    Die Minenabteilung, die Pionierkompanie und die Aufklärungsgruppe bilden meine Reserve am Waldrand 1 Km ostwärts Petrischtschewa.
9.    Ausgangsstellung bis 20:00 Uhr einnehmen. Angriffsbeginn 20:30 Uhr. Signal durch die Bataillonskommandeure.
10.    Verbindung während der Operation durch Funk und Ski-Läufer.
11.    Bataillonskommandeure legen genaue Marschkompasszahlen fest und überprüfen sie auf den Vormarschwegen.
12.    Brigadegefechtsstand bis Angriffsbeginn Wegekreuzung südlich Punkt 203,7 Nach Erfüllung der ersten Kampfaufgabe in Iwanzewa und dann in Podosonki. Meldung nach Angriffsbeginn stündlich durch Funk und Ski – Läufer.
Chef des Stabes: Major Spirin

Während die Soldaten der Trosse in Frankreich, Polen und auf dem Vormarsch nach Moskau sich hauptsächlich um ihre Pferde zu kümmern hatten und selten zur Waffe greifen mussten, war dies im Lande der Partisanen insbesondere während des Rückmarsches, anders geworden. Ihre Aufgabe die Pferde zu versorgen war äußerst schwierig, da der Nachschub von Futter wochenlang ausblieb.

Dächer werden zu Pferdefutter

Insbesondere in den Monaten Januar und Februar 1942 mussten die Pferde das Stroh von den Dächern fressen und selbst das war nicht immer in ausreichender Menge aufzutreiben. Hunderte von Pferden verhungerten und den Reitern und den Fahrern kamen oft die Tränen in die Augen wenn wieder eines der vierbeinigen Kameraden verendete. Ohne unsere treuen vierbeinigen Kameraden währen wir alle in der Winterschlacht 1941/42 im Osten verloren gewesen, da die technische Ausrüstung den Schlammperioden und den Schneeverwehungen nicht gewachsen war.

Die Soldaten der Trosse, die in den Dörfern des russischen Landes unter Einsatz ihres Lebens das Futter für ihre vierbeinigen Kameraden zusammensuchen, sind tapfere Kämpfer geworden, deren Leistung entsprechend dem Tagesbefehl des kommandierenden Generals denen der vorn kämpfenden Truppe gleich zu stellen sind. Es gab in Russland kein ruhiges Hinterland, es gab nur noch Kämpfer die ihre Pflicht bis zum bitteren Ende taten.

General Heinrici sprach den Trossen der 260. Infanteriedivision in seinem Armee-Tagesbefehl Nr.12 seine besondere Anerkennung aus:

AOK.4 Armee Tagesbefehl Nr. 12
Hauptmann Dr. Schulze hat mit Trossteilen der 260. Infanteriedivision in der Zeit vom 24.2. bis 26. 2. 1942 einen Angriff von drei Luftlande-Bataillonen abgeschlagen und dem Feind schwere Verluste – darunter 250 Tote – zugefügt und große Mengen Beute eingebracht. Ich spreche Hauptmann Dr. Schulze und denen von ihm geführten Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften der Trosse der 260. ID für vorbildliche und tapferes und schneidiges Verhalten, das sie auch in der Folgezeit bewiesen haben, meine besondere Anerkennung aus.
Gez. Heinrici
General der Infanterie

von Juchnow nach Medyn

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