Oktober 1941: Der Stich ins Wespennest

Am 29. Oktober 1941 verließ ich das Reservekriegslazarett Biała Podlaska, 25 km westlich Brest-Litowsk um mich unter Umgehung des Ersatzbataillons zu meiner Felddivision, der badisch-württembergischen 260. Infanteriedivision an die Ostfront zu begeben.

In Biała Podlaska hatte ich eine leichte Granatsplitterverletzung ausgeheilt, die ich Anfang September während der Kämpfe um Tschernihiw erlitten hatte.

Der Autor, Major Gaudig

Der Autor, Major Gaudig

Wo meine Division zum damaligen Zeitpunkt eingesetzt war, wusste ich nicht. Als ich sie am 10. September verließ, befand sie sich – ein Tag nach der Einnahme von Tschernigow – im Vormarsch nach Süden Richtung Kiew. Sie konnte also sowohl im Bereich der Heeresgruppe Süd wie auch in dem der Heeresgruppe Mitte eingesetzt sein. Ich hielt es daher mit dem goldenen Mittelweg und hatte mir den Marschbefehl zu Frontleitstelle Gomel ausstellen lassen.

Die Fahrt als Alleinreisender war sein einiger Zeit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die Fronturlauberzüge fuhren damals nur bis nach Brest-Litowsk Von dort war man auf Material- und Nachschubzüge angewiesen.

Am 29. Oktober erreichte ich dann gegen Mittag planmäßig Brest-Litowsk. Abends erwischte ich dort einen Materialzug nach Minsk, wo ich mit 24-stündigem Aufenthalt in Baranowitschi, am 31. Oktober abends eintraf. Infolge der fortgeschrittenen Jahreszeit war die Fahrt in den ungeheizten Wagons nicht gerade angenehm. Aber man fror ja nicht allein. Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften aller Wehrmachtsteile und Waffengattungen befanden sich auf dem Weg zur Front und bemühten sich – damals noch eine Selbstverständlichkeit – möglichst rasch zu ihrem „Haufen“ zu gelangen. Der später so oft zitierte Ausspruch „es geht alles vom Kriege ab“ existierte seinerzeit noch nicht. Am 01. November 1941 morgens erreichte ich einen Nachschubzug nach Gomel, wo ich am 02. November früh ankam. Bei der Frontleitstelle konnte ich nichts über den Einsatzort meiner Division erfahren. Man wollte mich nach Smolensk schicken, und das hätte Rückfahrt nach Minsk bedeutet.

Als ich, nicht gerade glücklich, die Frontleitstelle verließ, erspähte ich ein Geschenk des Himmels: einen LKW mit dem taktischen Zeichen meiner Division. Der LKW befand sich gerade mit 2 anderen in Gomel zur Reparatur und sollte nach einigen Probefahrten am 05. November den Rückmarsch zur Division antreten. Nun war ich im Hinblick auf mein Weiterkommen aller Sorgen enthoben.

Von der Frontleitstelle ließ ich mir für die Tage bis zur Abfahrt Quartier anweisen, ansonsten war ich Gast dieser Dienststelle. Am 05. November morgens verließ ich mit den 3 LKW, denen sich noch je ein PKW der 17. Infanteriedivision und eines Pionierbaubataillons angeschlossen hatte, Gomel. Eine Gruppe Nachersatz für das Artillerieregiment meiner Division unter Führung von Wachtmeister Roman hatte sich für den Transport auch noch eingefunden. In 4 Tagesfahrten – Nachtfahrten waren wir wegen der Partisanengefahr nicht ratsam – erreichten wir über Dowsk (Rollbahn Brest-Litowsk-Moskau) – Kritschew (Übernachtung) – Juchnow (Übernachtung) – Malojaroslawez, hier nach Südosten aus Sserpuchow abbiegend, am 08. November abends in Wilkowitsche den Stab der 17. Infanteriedivision, meiner Friedensdivision. Hier erfuhr ich, dass die 260. Infanteriedivision rechts neben der 17. eingesetzt sei. Ich ließ mich mit ihr telefonisch verbinden und meldete mich beim Ia, Major i.G. Köstlin zurück. Darüber herrschte beim Divisionsstab, dem ich im Sommer für 4 Wochen angehört hatte, allgemeine Freude und Überraschung. Ich erhielt den Befehl mich am nächsten Tag auf dem Gefechtsstand des Infanterieregiments 480 in Woronzowka zu melden und mein altes Bataillon, das II. wieder zu übernehmen.

Am 09. November Mittags traf ich auf dem Regimentsgefechtsstand 480 in Woronzowka ein. Regimentskommandeur war Oberst von Parseval, Regimentsadjutant nach wie vor Oberleutnant Erbe. Ich ließ mich eingehend über die Ereignisse bei der Division während meiner Abwesenheit und über die augenblickliche Lage unterrichten.

Am Abend hörte ich zum ersten Mal die neueste Errungenschaft russischer Waffentechnik, das Raketengeschütz oder die von unseren Landsern so getaufte Stalinorgel.

Diese Raketengeschütze waren auf LKW montierte Abschussvorrichtungen mit zahlreichen Gleitbahnen (meines Wissens bis zu 32) deren Geschosse mit Raketenantrieb versehen waren und die in rascher Folge abgefeuert wurden. Da die Geschütze leicht beweglich waren und nach jedem „Segen“ sofort Stellungswechsel machten, waren sie schwer zu fassen.

Kampfstand bei Macejewo

Kampfstand bei Macejewo

Die Russen verwendeten Spreng- und Brandraketen. Die Splitterwirkung der Sprengrakete war nicht übermäßig groß, da sie sich häufig nicht zerlegten, dagegen konnten sie auf nächste Entfernung durch den bei der Detonation erzeugten Luftdruck tödlich wirken. Die Brandraketen waren mit Flammöl gefüllt und sollten in dem bevorstehenden Winterkrieg zur Niederbrennung der von uns besetzten Ortschaften noch eine hervorragende Rolle spielen. Am 10. November begab ich mich zu Pferd in die Unterkunft des Bataillonstrosses nach Arefyevo, wo sich mein Gepäck befand um mich der Frontverwendung entsprechend auszurüsten. Auf dem Rückweg besuchte ich in Radenki den Chef der Regiments-Stabskompanie 480, Hauptmann Merkel, mir bekannt aus meiner Friedensgarnison Erlangen. Am nächsten Tag übernahm ich wieder die Führung des II. Bataillons, das an diesem Tage gerade aus der Waldstellung südlich Macejewo in ein Waldlager nördlich Woronzowka in Reserve verlegt wurde. Die Offiziersstellenbesetzung war wie folgt:

   Adjutant:                    Leutnant Pauscher

   Ordonanzoffizier:       Leutnant Freiherr von Spieß

   Truppenarzt:   Oberarzt Dr. Keller und Hilfsarzt Dr. Schweinstetter

   5. Kompanie:             Leutnant Wagner

   6. Kompanie:             Name entfallen

   7. Kompanie:             Leutnant Appold

   8. Kompanie:             Leutnant Wick

Die 6. und 8. Kompanie hatten noch je einen Leutnant als Kompanieoffizier. Der bisherige Bataillonsführer, Hauptmann Roth, kehrte zu seinem Infanterieregiment 460 zurück. Am Nachmittag besuchte ich den Kommandeur des III. Bataillons, Hauptmann Labrenz, der mit seinem Bataillon in Macejewo in Stellung lag. Ergänzen möchte ich noch, dass das I. Bataillon von Rittmeister von Geldern geführt wurde.

Bei meiner Rückkehr aus Macejewo lagen bereits Befehle für einen Angriff vor, den die Division am 13. November in die Bereitstellungsräume frisch herangeführter sibirischer Verbände hinein führen sollte. Dieser Angriff war gleichzeitig als Fesselungs- und Ablenkungsmanöver gedacht, da in einigen Tagen auf den äußeren Flügeln der 4. Armee und der 9. Armee der Zangenangriff der Panzergruppen gegen Moskau beginnen sollte. In der Vorbereitung dieses Unternehmens erkundete ich am Vormittag des 12. November unter Sicherung durch eine Gruppe für mein Bataillon den Bereitstellungsraum, der im Wald nördlich von Macejewo gegenüber den sowjetischen Gefechtsvorposten lag.

Bereitstellung!

Bereitstellung!

Nachdem an den letzten Tagen bedeckter Himmel bei leichtem Frost geherrscht hatte, zeigte dieser Tag wolkenlosen Himmel mit etwa 15 Grad minus, der erste richtige Wintertag. Dies war von besonderer Bedeutung, da ein großer Teil der Leute weder Kopfschützer noch Handschuhe besaß, also nicht einmal den einfachsten Kälteschutz. Statt Handschuhen hatten sich die Männer Strümpfe über die Hände gezogen. Um 07:00 Uhr morgens verließ das Bataillon in einer noch beachtlichen Gefechtsstärke von 380 Mann das Waldlager und rückte in seinen Bereitstellungsraum ein, ohne durch den Gegner gestört zu werden. Gleichzeitig stellte sich das III. Bataillon (Hauptmann Labrenz) im Wald nordostwärts von Macejewo, also rechts vorwärts gestaffelt, zum Angriff bereit. Der Angriffsplan sah vor, dass mein Bataillon zunächst den Waldrand westlich Jekaterinowka, also die Höhe des III. Bataillons erreichen sollte. Dort sollte dann der gemeinsame Angriff beider Bataillone nach einem Feuerschlag der Artillerie und der schweren Infanteriewaffen von 1 Minute Dauer auf Jekaterinowka beginnen. Angriffsziel war der Brownagrund.

Der Anschluss zu meinem linken Nachbarn, der 137. Infanteriedivision, die den gleichen Kampfauftrag wie wir hatte, war nicht vorhanden. Um 08:00 Uhr trat das Bataillon mit 5. Kompanie rechts, 6. Kompanie links, 7. Kompanie hinter der 6. – zur Sicherung der zum linken Nachbarn bestehenden Lücke – zum Angriff an. Die 8. Kompanie folgte hinter der Mitte. In nicht besonders schwerem, aber zeitraubendem Waldgefecht, das vor allem der 6. Kompanie links zu schaffen machte, und deren Führer dabei fiel, wurde die Waldblöße, auf der Jekaterinowka lag, erreicht. Im Verlaufe des Gefechts war das Bataillon etwas nach links abgekommen und hatte sich noch schließlich mit dem rechten Flügelbataillon der 137. Infanteriedivision vermischt.

Während noch die durcheinander geratenen Verbände entwirrt wurden und sich mein Bataillon zur Fortsetzung des Angriffs auf Jekaterinowka bereitstellte, trat das 3. Bataillon nach dem planmäßigen Feuerschlag der Artillerie an, nahm den Südteil des Ortes und ging gegen sein endgültiges Angriffsziel, die Browna, weiter vor.

Ich folgte mit meinem Bataillon wenige Minuten später und stieß, ohne wesentlichen Widerstand zu finden, über Jekaterinovka-Nord hinaus gegen mein Angriffsziel Nebotowo an der Browna vor, dagegen wurde die Reserve-Kompanie meines Bataillons, die 7. unter Leutnant Appold und die ihr folgende vorderste Kompanie des Reservebataillons unter Oberleutnant Klinger von russischen Truppen, die sich hatten überrollen lassen, in heftige Nahkämpfe verwickelt. Inzwischen hatte die 5. Kompanie rechts planmäßig die Browna südlich von Nebotowo erreicht und die Verbindung zum III. Bataillon hergestellt. Als die 6. Kompanie den Waldrand westlich von Nebotowo, das auf einem rechteckigen Waldeinschnitt am Westufer der Browna lag, erreichte ging seitens der Russen ein wilder Feuerzauber los. Mit Artillerie, Granatwerfern und PAK belegte er vor allem den Abschnitt der 6. Kompanie, wo sich auch der Bataillonsstab befand. Es traten schwere Verluste ein. Unter diesen Umständen war eine Fortsetzung des Angriffs nicht möglich.

leichtes Infanteriegeschütz wird in Stellung gebracht

leichtes Infanteriegeschütz wird in Stellung gebracht

Auf Anforderung stellte mir das Regiment die gesamte Artillerie, darunter schwere Heeresartillerie und die gesamte Infanteriegeschützkompanie zur Verfügung. Nach einem gemeinsamen Feuerschlag dieser Waffen, dem sich auch die Granatwerfer und schweren Maschinengewehre des Bataillons anschlossen, auf Nebotowo und die jenseits der Browna erkannten Feuerstellungen gegnerischer Granatwerfer und PAK sollte die 6. Kompanie den Ort nehmen. Trotz dieser Feuerzusammenfassung kam die Kompanie aber nur einen Sprung weit aus dem Wald heraus und wurde durch das russische Feuer zu Boden gezwungen. Die Verluste stiegen weiter. Der Führer der Infanteriegeschützkompanie fiel, ebenso der Kompanieoffizier der 8. Kompanie. Deren Führer, Leutnant Wick, wurde schwer verwundet, ebenso der Führer der 5. Kompanie, Leutnant Wagner. Diese Kompanie war, um dem starken Feuer im Brownagrund auszuweichen, etwas zurückgegangen und hatte dadurch die Verbindung zum Bataillon Labrenz (III.) verloren.

Ein Granatwerfer-Volltreffer in den Bataillonsgefechtsstand setzte den Bataillonsadjutanten, Leutnant Pauscher, und zwei Melder außer Gefecht. Der Offizier starb zwei Tage später auf dem Hauptverbandplatz. Obwohl die Granate zwischen mir und meinem Ordonanzoffizier, Leutnant von Spieß, detonierte – wir lagen mit etwa 2 Meter Zwischenraum am Boden – erhielt ich nur einen leichten Streifsplitter am rechten Unterarm, fand aber am Abend in meinem Brotbeutel in einem Stück Hartwurst einen großen Splitter. Die Blechbutterdose war durchschlagen und die Gabel in zwei Teile gespalten. Wider meine Gewohnheit hatte ich den Brotbeutel an diesem Tage mitgenommen und war dadurch vor einer üblen Verletzung bewahrt geblieben.

Zu einem letzten Versuch Nebotowo doch noch zu nehmen, erteilte ich der bisher nicht eingesetzten 7. Kompanie den Befehl, nördlich des Waldeinschnittes bis zur Browna vorzustoßen, rechtsum zu machen und den Ort von Norden her zu nehmen. Aber auch dieser Versuch missglückte, da die 7. Kompanie bereits westlich des Baches auf starken Widerstand traf.

Der Gefechtsstand des Grenadierregiments 480, von links Oberst von Parsival, Oberleutnant Erbe und Hauptmann Labrenz

Der Gefechtsstand des Grenadierregiments 480, von links Oberst von Parsival, Oberleutnant Erbe und Hauptmann Labrenz

Durch das Zurückgehen der 5. Kompanie war die Verbindung zum rechten Nachbarn (III. Bataillon) abgerissen, zum Linken, der 137. Infanteriedivision war die Tuchfühlung mit Fortsetzung des Angriffs über Jekaterinowka hinaus wieder verlorengegangen. Das Bataillon lag vollständig in der Luft. In dieser Situation konnte ich das Bataillon in Anbetracht der bevorstehenden Nacht nicht lassen, wenn es nicht restlos vor die Hundes gehen sollte. Ich entschloss mich daher, mit Einbruch der Dunkelheit, zumal der Russe seinerseits zum Angriff überging, auf Jekaterinowka auszuweichen, wo ich das I. Bataillon unter Rittmeister von Geldern als Regimentsreserve wusste. Die Ausweichbewegung gelang ohne besondere Schwierigkeiten. In Übereinstimmung mit dem I. Bataillon, das in Jekaterinowka bereits russische Angriffe von Norden her hatte abwehren müssen, setzte ich mein Bataillon, rechts 5. Kompanie, links 7. Kompanie, linker Flügel am Ostrand von Jekaterinowka, mit Hauptkampflinie entlang des nach Ost-Südost auf die Browna zuführenden Weges ein, wodurch notdürftig die Verbindung zum III. Bataillon wiederhergestellt wurde, das allerdings seinen linken Flügel entsprechend zurück biegen musste. Zur Verbindungsaufnahme erschien noch am Abend vom III. Bataillon Feldwebel Bohlander, der leider an einem der nächsten Tage fiel. Die HKL des Bataillons war durch alte russische Stellungen gekennzeichnet, die zwar in die verkehrte Richtung zeigten, meinen Männern jedoch einigen Schutz boten. Denn wenn auch erst einige Tage Frost herrschte war es mit dem kümmerlichen Schanzzeug, das der Infanterist bei sich trug, nicht mehr möglich in die Erde zu kommen. In Reserve hatte ich jetzt meine 6. Kompanie genommen, da sie am meisten Verluste erlitten hatte. Sie bestand nur noch aus einem der Züge. Die 8. Kompanie kam im Abschnitt der 7. zum Einsatz, da sie nur hier Schussfeld hatte. Als ich am Abend noch einmal die HKL abging geriet ich in den Brandraketensegen einer Stalinorgel ohne dass mir etwas passierte.

Nach Eingang der abendlichen Gefechtsstärkemeldung der Einheiten musste ich zu meinem Schrecken feststellen, dass 150 Mann fehlten. Gott sei Dank tauchten im Laufe der Nacht und des nächsten Tages wieder eine Anzahl Leute auf, die verwundete Kameraden geborgen und zurück geschafft hatten oder sonst wie von der Truppe abgekommen waren. Trotzdem bleib die Bilanz dieses schwarzen Tages erschreckend genug: 25 Tote, davon 4 Offiziere, 76 Verwundete, davon 3 Offiziere, 14 Vermisste, insgesamt 115 Köpfe Ausfall. Da einschließlich des Bataillonsarztes nur noch 5 Offiziere vorhanden waren, mussten zwei Kompanien (5. und 8.) von Feldwebeln geführt werden. An die Stelle des Adjutanten war der Ordonanzoffizier Leutnant von Spieß getreten.

Sturmgeschütz greift an

Sturmgeschütz greift an

Der 14. und 15. November standen im Zeichen zahlreicher, zum Teil mit Unterstützung durch Panzer geführter Angriffe der Russen gegen Jekaterinowka, die alle abgewehrt werden konnten, obwohl es auf unserer Seite einmal zu einer Panik kam. Bei der Abwehr der gegnerischen Panzer bewährte sich besonders der in Jekaterinowka eingesetzte Zug der Panzerjägerkompanie 480 unter Führung eines Feldwebels. Die Ausfälle stiegen weiter, hielten sich aber in „normalen“ Grenzen. Leutnant Appold wurde verwundet, der neue Führer der 8. Kompanie, Leutnant Troll (?) fiel gleich am Tage seiner Ankunft. Der Führer der Infanteriegeschützkompanie, die immer noch meinem Bataillon unterstand, schied infolge von Erfrierungen aus. Von den 4 Kompanien des Bataillons wurden nun drei von Feldwebeln geführt: die 5. Kompanie, die 7. und die 8. (Feldwebel Walter).

sowjetische Gefangene

sowjetische Gefangene

Zu unserer großen Überraschung saß der Russe am 14. November morgens in Stärke von etwa 300 Mann in Macejewo, also 2 Kilometer hinter unserer HKL. Er hatte damit unseren Versorgungsweg gesperrt und die Verbindung zum Regiment unterbunden, das mit seinem Gefechtsstand in Woronzowka geblieben war. Der Gegner wurde am 15. November früh durch die Divisionsreserve, die Panzerjägerabteilung mit Unterstützung von Sturmgeschützen, wieder aus Macejewo herausgeworfen. Als Ersatz dafür hatte er sich am gleichen Morgen dicht südostwärts von Jekaterinowka einige 100 Meter hinter der HKL meines Bataillons in einer alten russischen Stellung eingenistet. Da er sich zunächst ruhig verhielt, setzte ich zunächst zur Sicherung gegen etwaige Überraschungen meine Reserve am Südostrand von Jekaterinowka ein. Da die Sturmgeschütze, die die Wiedergewinnung von Macejewo unterstützt hatten, bis zu uns nach Jekaterinowka vor fuhren, ließ ich eines davon gegen die gegnerische Grabenbesatzung auffahren. Die Wirkung war verblüffend: ohne das ein Schuss fiel, verließ der Russe mit sämtlichen Waffen – darunter 3 schwere MG – seine Stellung und gab sich gefangen. Es waren immerhin 90 Mann.

Am 15. November abends wurde das Regiment auf die Ausgangsstellung zurückgenommen, und zwar mit dem III. Bataillon in die Waldstellung südlich Macejewo und mit dem I. Bataillon nach Macejewo selbst. Mein Bataillon wurde – aufgrund der hohen Verluste – Regimentsreserve im Wald südwestlich Macejewo hinter der Stellung des III. Bataillons. Da dort keinerlei Unterstände oder sonstige Unterzugsmöglichkeiten vorhanden waren und der steinhart gefrorene Boden ein Ausheben von Deckungslöchern nicht zuließ, beantragte ich wegen des strengen Frostes (etwa 20-25 Grad minus) durch Funk beim Regiment die Verlegung in ein Alarmquartier nach Woronzowka. Meiner Bitte wurde entsprochen.

Einen kleinen Vorgang möchte ich hier noch erwähnen: bei der Erkundung des mir zunächst zugewiesenen Raumes im Wald scheuchte ich einige versprengte Russen auf, die im Schutze der Dunkelheit entschwanden. Später erfuhr ich, dass die Reserve des Infanterieregiments 488 der 268. Infanteriedivision das uns am 19. November ablöste, an der gleichen Stelle durch russisches Artilleriefeuer schwere Verluste erlitt.

Aus den Tagebuchaufzeichnungen des Major a.D. Hellmut Gaudig

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