Juli 1944: Der letzte Kampf der 260. Infanteriedivision

Am 02. Juli 1944 ergab die letzte improvisierte Zählung der 260. Infanteriedivision in einem Dorf westlich der Beresina noch etwa 2000 Mann, 75 Prozent waren bereits ausgefallen. Wenige Tage später erfolgte der letzte, verzweifelte Durchbruchsversuch aus dem 5.Kessel, der nur noch Teilen der Division gelangte. Fast 95 % unserer stolzen Grenadierregimenter sind in den ersten Julitagen in dem Kessel von Minsk gefallen, vermisst, verwundetet, in Gefangenschaft geraten und später verschollen.

Oberst Dr. Herrmann Bracher

Oberst Dr. Herrmann Bracher

Am 09. Juli geriet der letzte Divisionskommandeur, Generalmajor Klammt, sein Ia, Oberstleutnant von Tresckow, zusammen mit den 3 letzten Regimentskommandeuren Oberst Dr. Bracher (Grenadierregiment 460), Oberst Strohm (Grenadierregiment 470) Oberst Dr. Friker (Grenadierregiment 480) und 60 Offizieren, hunderten von Unteroffiziere und Mannschaften in Gefangenschaft.

Auf den Märschen in die Gefangenenlager spielten sich erschütternde Tragödien ab. Unzählbar ist die Schar unserer Divisionsangehörigen, die an Schwäche, Ruhr oder infolge ihrer Verwundungen zusammenbrachen und von den russischen Wachmannschaften rücksichtslos erschossen wurden. Auf Grund dieser Schilderung werden sie wohl verstehen, warum wir von den vielen unserer Gefallenen, Vermissten, und Verschollenen, die in Weißrussland, in der Ukraine oder sonst wo in Russland ruhen, weder etwas über ihr Ende noch etwas über die Lage ihres Grabes wissen.

Major der Reserve Otto Vincon

Major der Reserve Otto Vincon

Unsere tapferen Regimenter, auf die wir alle stolz sein dürfen und die in Russland so schwer auch haben bluten müssen, haben ihren Mann bis zum bitteren Ende gestellt. Als im 5.Kessel von Minsk der Befehl zum Durchschlagen in kleinen Gruppen gegeben wurde, gelang es dem tapferen Bataillonskommandeur Major Vincon eine Kampfgruppe aus 780 Mann einschließlich 10 Offizieren aus den verschiedenen Einheiten der Division zu bilden und am 07. Juli abends auszubrechen. In der dunklen Nacht und in dem Wald verliefen sich jedoch einige kleinere Kampfgruppen und erreichten ihr befohlenes Ziel nicht. Trotz längeren Wartens kamen sie nicht mehr. In der darauf folgenden Nacht wurde die Kampfgruppe Vincon erneut eingeschlossen und schlug sich nun in ostwärtiger Richtung durch den dichten Einkreisungsring hindurch.

 „Am 4. Tag meiner Flucht“, so schreibt Major Vincon in einem Brief an Lt. Löble, „kam das Ende meiner Kampfgruppe. Die Russen hatten uns in dem hohen Kornfeld, in dem wir uns versteckt hielten entdeckt. Sie begannen darauf ein regelrechtes Kesseltreiben gegen uns mit Panzern und eine Unmasse Infanterie. Aus diesem letzten Kessel kamen wir nur noch zu dritt heraus, alle anderen wurden verwundetet oder gefangen genommen. So ging es dann tagtäglich in harten Kämpfen um unser Leben in westlicher Richtung weiter. Die Strapazen die wir durchmachen mussten, waren nicht mehr menschlich. Nach 40 Tagen erreichten wir dann vollkommen entkräftet die deutsche Linie in der Gegend von Suwalki. Es ist wirklich ein Wunder das es mir gelungen ist, durchzukommen.“

Nach einem mehrwöchigen Genesungsaufenthalt in den Standortlazaretten in Ludwigsburg und Wiesbaden, stellte sich Oberstleutnant Vincon erneut zur Verteidigung seiner engeren Heimat zur Verfügung und soll gegen Kriegsende bei der Gefangennahme durch die Franzosen im Schwarzwald erschossen worden sein, weil er das Ritterkreuz mit Eichenlaub trug.

Friedrich Strohm

Nur wenigen Soldaten unseres Regiments ist es gelungen immer wieder die feindliche Umklammerung zu durchbrechen und nach aufregenden Nachtmärschen wieder zu den deutschen Linien durch zu stoßen. Zu dieser einzigartigen Leistung gehört auch die erfolgreiche 88-tägige Flucht unseres Regimentskommandeurs Oberst Strohm, Inhaber des Eichenlaubs zum Ritterkreuz.

Ihm gelang es mit 20 Offizieren aus einem Gefangenenlager auszubrechen und, nachdem er einen nach dem anderen durch Kämpfe mir den Partisanen verloren hatte, in einem bewundernswerten Alleinmarsch von nahezu drei Monaten nach unbeschreiblichen Strapazen dem grausamen Schicksal der Gefangenschaft zu entgehen. Aber gerade als sein Ziel erreicht schien, als er sich am 24. September durch die feindlichen HKL zu uns durchschlagen wollte, wurde er schwer verwundetet und starb in den Armen seiner Kameraden.

Klägliche Reste der 260. Infanteriedivision sammelten sich befehlsgemäß bei Grayewo. Dort wurde am 19. Juli die „Hörnle-Division“ aufgelöst. Aus den Resten wurde eine Divisionsgruppe gebildet, die bereits 4 Tage später schon wieder an der Narew eingesetzt wurde und starke verlustreiche Kämpfe, insbesondere im Oktober 1944, bestehen musste. Mitte Januar 1945 wurde infolge eines russischen Durchbruchs bei einer Nachbardivision die Kampfgruppe 260 eingekesselt. Dem geplanten gewaltsamen Ausbruch kam der Russe im Morgengrauen des 18. Januar mit 60 T34-Panzern zuvor und überrollte buchstäblich die Reste der Kampfgruppe 260.
Das war das bittere Ende!

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